Alten- und Pflegeheime in Corona-Zeiten

Welche Rechte haben Bewohnerinnen und Bewohner sowie ihre Angehörigen in den Alten- und Pflegeheimen in Corona-Zeiten?
Eine Stellungnahme der Nürnberger und Fürther Altenheimseelsorgerinnen und -seelsorger von Ende Oktober 2020.

Während der letzten Monate haben wir das Dilemma zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und der freien Entfaltung der Persönlichkeit einerseits und dem notwendigen Schutz des Lebens andererseits in unseren Heimen als immer gravierender werdend erlebt. Dieser Schutz hat zu drastischen Einschränkungen geführt, die bis heute an vielen Bewohner*innen nicht spurlos vorbeigegangen sind. Rückblickend ist vieles nachvollziehbar. Nun aber sehen wir mit Sorge nach vorne und hoffen, dass aus den Erfahrungen gelernt wird.

Vom biblischen Menschenbild her ist der Mensch auf Beziehung angelegt, zu Gott wie zu den Mitmenschen. Wenn es um Gesundheit geht, kann der Fokus nicht alleinig auf das körperliche Wohlergehen gesetzt werden.

Die WHO definiert Gesundheit viel umfassender: „Sie ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“

Wir setzen uns für folgende Rechte der Bewohner*innen und Angehörigen ein:

  1. Recht auf soziale Kontakte. Viele Menschen sind genau aus diesem Grund in ein Heim gezogen, um in einem sozialen Verbund zu leben und soziale Angebote annehmen zu können.
     
  2. Recht auf Berührung. Wir schließen uns der Forderung von Prof. Peter Dabrock an, dass jede Person mindestens einen Zugehörigen hat, der sie berühren darf. Außerdem soll es das Recht für mindestens eine Person geben, auch das Zimmer als Privatsphäre aufsuchen zu können.
     
  3. Recht auf Schutzkleidung für die Bewohner*innen, Zugehörige und Seelsorger*innen, falls Schutzkleidung für das Hygienekonzept des Heims nötig ist.
     
  4. Recht auf seelsorgliche Begleitung und Zugang zu spirituellen Angeboten Leben birgt immer ein Risiko in sich. Wir sehen das hohe Risiko der Ansteckung mit Corona als große Herausforderung, müssen es aber gegenüber der Menschlichkeit und Würde abwägen und verantwortlich damit umgehen. Deswegen müssen aus unserer Sicht Heimleitungen von Politik, Staatsanwaltschaft, Gesellschaft und Kirchen Rückendeckung bekommen, damit Heime nicht aus Angst vor Schuld an Menschen schuldig werden.


Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:

  • Julia Arnold, Beauftragte für Altenheimseelsorge im Prodekanat Nürnberg-Ost
  • Cornelia Auers, Altenheimseelsorgerin in Nürnberg und Gemeindepfarrerin in Heroldsberg
  • Sonja Dietel, Beauftragte für Altenheimseelsorge im Prodekanat Nürnberg- Nord und Gemeindepfarrerin an der Reformations-Gedächtnis-Kirche Nürnberg
  • Rudolf Koch, Seelsorge für ältere Menschen im Dekanat Fürth
  • Anne Mayer-Thormählen, Beauftragte für Altenheimseelsorge im Prodekanat Nürnberg-West
  • Prof. Dr. habil. Martina Plieth, Professorin für Gemeindepädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit, EvHN
  • Petra Schnitzler, Altenheimseelsorgerin bei der Stadtmission Nürnberg
  • Helmut Unglaub, Referent für Altenheimseelsorge im Amt für Gemeindedienst